Dienstag, 13. Januar 2015

Unter Muslimen


Es ist nicht leicht objektiv zu sein – zu bleiben ..

Ich lebe nun schon wieder eine ganze Weile in Sidi Ifni – einer ruhigen Kleinstadt am Rande der Welt, wie es mir scheint. Auch hier gibt es Konflikte – der ehemalige Bürgermeister ist gerade wegen seines Verhaltens im Rahmen von Demonstrationen zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden. Dabei ging es um den Tod eines jungen Mannes, der das Land mit einem Boot Richtung Kanaren verlassen wollte. Am Tag der Verurteilung konnte ich im Ort keinerlei „Manifestation“ sehen, obwohl die Leute aus Ifni da ziemlich mutig sind.
Ich sitze gerne im Cafe – die meisten Gäste sind einheimische Männer – lese Zeitung,  schwatze mit Freunden und fühle mich dabei als Ausländerin, als Frau, gänzlich unbehelligt.
In der Wäscherei, im Telefonladen, bei den Marktständen und im Restaurant – es gibt viele kurze Kontakte – immer freundlich – ohne jede Aggression.
 
Im TV sehe ich dann – auch gerade jetzt – die Bilder der Solidaritätsveranstaltungen in Europa. Solche Veranstaltungen hat es auch in Rabat gegeben, wenn auch in kleinerem Rahmen. Ich höre aber, dass einige Marokkaner Verständnis für den Zorn auf die Karikaturen-Zeichner haben. Wer mag, kann im Internet nach der Zeichnung „a star is born“ suchen – ich mag da gar keinen Link reinstellen, weil das so unglaublich geschmacklos ist. Ich will da gar nichts entschuldigen oder relativieren – aber den Zorn der Muslime kann ich nachvollziehen. Zorn führt aber nicht zwangsläufig zu Gewalt, das ist ja gerade ein Zeichen einer reifen Kultur, dass man so was wegsteckt.
Ich war auch während des zweiten Irak-Krieges im Süden von Marokko unterwegs – auch damals habe ich keine Feindschaft gegen uns Europäer gespürt.
 
Es treibt mich einfach um, was aus diesem Konflikt wird. Die Pegida-Veranstaltungen sind hoffentlich kein Vorgeschmack auf eine verschärfte Konfrontation. Die türkischen Nachbarn meiner Mutter in Niederbayern sind seit Jahrzehnten friedliche fleißige Mitbürger – soll das jetzt plötzlich anders sein? Deutschland hat eine schreckliche Geschichte mit Vertreibung und Flucht – sollte man sich angesichts der syrischen Kriegsflüchtlinge nicht daran erinnern, was es bedeutete „in Hausschuhen ohne Brot hinaus auf Landstraße geschickt“ worden zu sein.
 
 Ich sehe in die freundlichen Gesichter gerade der jungen Muslime hier in Marokko – und hoffe ……

 

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